Vegan leben – Was bedeutet das genau?


Veröffentlicht am 19. September 2017 von Alex

Vegan leben – vor einigen Jahren war das meist eingefleischten Tierschützern oder Yoginis in spirituellen Gemeinschaften vorbehalten. Heute finden sich in (fast) jedem Dorf-Restaurant Speisen ohne Tierprodukte auf dem Menü, die auch ohne Tofu oder Soja schmackhaft sind; in Online-Shops werben Fashion Designer mit veganer Mode und selbst Strom wird in umwelt- und tierfreundlicher Form angeboten. Doch was bedeutet eigentlich vegan leben? Und wie sieht diese Lebensweise konkret aus?

Vegan leben hat Geschichte

Vegan leben ist keine Erfindung der Moderne. Tatsächlich spielte eine vegetarisch-vegane Lebens- und Ernährungsweise aus religiösen, politischen oder gesellschaftlichen Gründen im Lauf der Geschichte immer wieder eine Rolle. So ernährten sich bereits in der Antike ganze Völkergruppen fleischfrei.

Schon um 600 vor Chr. verzichteten etwa die griechischen Orphiker aufgrund ihrer Religion auf Fleisch: Um sich auf die Wiedergeburt ihrer Seele in menschliche und tierische Körper vorzubereiten, lebten sie so asketisch wie möglich und strichen deshalb Fleisch, Eier oder Wolle aus ihrem Alltag. Eine ähnliche Lebensweise verfolgte übrigens auch der griechische Philosoph und Mathematiker Pythagoras, der im sechsten Jahrhundert vor Chr. gelebt hat.

In Indien entstanden zur selben Zeit religiöse Strömungen, die Gewaltlosigkeit gegenüber allen Lebewesen vertraten. Apropos Indien: Eine fleischfreie Ernährung war und ist seit jeher Teil der beiden Hauptreligionen des Landes, von Hinduismus wie auch Buddhismus. Zwar sind nicht alle Buddhisten Vegetarier, doch viele folgen den Worten Buddhas: „Alle Lebewesen, seien sie groß oder klein, zwei- oder vierbeinig, ob sie schwimmen oder fliegen – sie alle haben das Recht zu leben. Wir dürfen andere Lebewesen nicht verletzen oder gar töten.“

Vegan leben – wie alles begann…

Jeder, der sich heute für tierleidfreies Leben entscheidet, übernimmt damit die Definition des Engländers Donald Watson. Dessen Interesse für Veganismus entstand, als er als Kind auf dem Bauernhof seines Onkels zu Besuch war. Dort war er „umgeben von interessanten Tieren“ – Pferde, Kühe, Hühner, Schafe… – sie alle „gaben etwas“, wird er zitiert. Als er als 14jähriger beobachtete, wie Schweine geschlachtet wurden, veränderte sich sein Leben: Er wurde erst zum Vegetarier; einige Jahre später zum Veganer. Anders als zuvor hielt er fortan den Konsum von Milchprodukten, aber auch Eiern für falsch. Dementsprechend konnte er auch nicht mehr Teil der „Vegetarian Society“ sein, sondern musste etwas Eigenes gründen: Gemeinsam mit einer Gruppe Gleichgesinnter rief er im Jahr 1944 die „Vegan Society“ ins Leben.

Aufgrund seiner (neuen) Ernährungsweise bezeichnete er sich anfangs als „strenger Vegetarier“ oder auch „total vegetarian“. Daraus entstand später die heute in aller Welt gebräuchliche Abkürzung „vegan“. Sie setzt sich angeblich aus den Anfangsbuchstaben und dem Ende von „veg-etari-an“ zusammen. Anderswo wird übrigens eine andere Erklärung für das Wort gefunden. So solle es nicht vom selben Wortstamm kommen wie das Wort Vegetarier. Während sich Letzteres vom lateinischen Wort „vegetus“ ableitet, was so viel wie „lebendig, frisch, kraftvoll“ heißt, stamme der Begriff „vegan“ vom englischen Wort für Gemüse – vegetable.

Gemüse und mehr

Wer jetzt jedoch glaubt, Veganer nehmen kcal nur in Form von Gemüse zu sich, der liegt falsch. Das war wohl auch gar nicht im Sinn von Donald Watson. Zwar verzichten Veganer nicht nur auf Nahrungsmittel tierischen Ursprungs wie Fleisch, Fisch, Ei- und Milchprodukte (inklusive Milchpulver) sowie Honig. Sie lassen auch tierische Geschmacksverstärker und Inhaltsstoffe wie Gelatine weg. Dennoch gibt es jede Menge Köstliches, das sie zu sich nehmen können.

Natürlich können diejenigen, die vegan leben möchten, nicht wie „Allesesser“ zu jedem Produkt greifen. Mittlerweile gibt aber in jedem Supermarkt oder sogar beim Discounter spezielle Produkte für diese Zielgruppe, und es macht Spaß, so seinen Speiseplan aufzupeppen und zu erweitern: Mit Seitansteaks, Brownies aus Avocados oder fleischfreien Aufstrichen etwa. Oder statt mit Honig zu süßen, Ahornsirup oder Agavendicksaft ins Müsli zu geben. Und wer einmal Mandel-Kokosmilch im Kaffee versucht hat, wird die Kuhmilch wohl kaum mehr vermissen.

Doch man muss nicht immer zu Fleisch-, Ei- oder Käseersatz beziehungsweise exotischen Früchten greifen, um leckere und abwechslungsreiche Gerichte zu zaubern. Seinen Speiseplan einerseits erweitern, andererseits seinen Körper mit allen notwendigen Vitaminen, Mineralien zu versorgen, das funktioniert auch mit regionalem und saisonalem Obst sowie Gemüse. Letzteres ist außerdem dank geringerer Ökobilanz umweltfreundlicher.
Um Eines wird jeder, der vegan leben will, jedenfalls nicht herumkommen: Sich intensiv mit Lebensmitteln und den darin enthaltenen Nährstoffen zu beschäftigen.

Pflanzliche Diät ist gesund

Natürlich kann man sich auch als Veganer mit Fast Food den Bauch vollschlagen. Auch Fleischalternativen stecken oft voller ungesunder Fette oder sind überwürzt. Einen so schlechten Ruf wie das „echte Fleisch“ haben sie jedoch – noch – nicht: Das tierische Produkt liefert häufig enormes Fett und Kalorien, führt bei einem zu hohen Konsum zu Übergewicht, aber auch Gicht und Rheuma. Von den Skandalen rund um Antibiotika in der Massentierhaltung, Schweinepest oder Vogelgrippe ganz zu schweigen.
Eine rein pflanzliche Ernährungsweise hingegen kann genau diesen ernährungsbedingten Krankheiten vorbeugen. So belegen Studien, dass sie Blutdruck senkend wirkt, den Cholesterin-Wert ins Gleichgewicht bringt und Blutzuckerwerte verbessert. Den positiven Effekt eines veganen Lebens bestätigen auch die Veganer selbst, die sich nach einer Umstellung fitter und ausgeglichener fühlen, abnehmen oder gar Hautkrankheiten und Allergien heilen konnten.

Mangel-Erscheinung

So viel gelobt es ist, veganes Leben hat einen Nachteil: Mangelerscheinungen. In Eiern und Milchprodukten stecken nämlich viele wichtige Nährstoffe, wie etwa Proteine, Vitamin B12 oder D, Eisen, Zink, Kalzium oder Jod. Alles Nährstoffe, die nicht oder nur zu wenig in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten sind. Aus dem Grund wird oft von veganer Ernährung abgeraten – zumindest in Extremsituationen: „Da sich mit dem Verzicht auf jegliche tierische Lebensmittel das Risiko für Nährstoffdefizite erhöht, hält die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) eine rein pflanzliche Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie im gesamten Kindesalter für nicht geeignet, um eine adäquate Nährstoffversorgung und die Gesundheit sicherzustellen“, heißt es etwa.

Für gesunde Erwachsene aber sind diese Risiken schnell aus dem Weg zu räumen, sagen die Experten (auch der DGE). Wer sich mit Lebensmitteln und deren Inhaltsstoffen beschäftigt, kann mit dem richtigen Essen Mangelerscheinungen vorbeugen. Den Bedarf an Proteinen können Veganer etwa hervorragend mit Vollkornprodukten, Nüssen oder Sojaprodukten decken. Auch wer zu Hülsenfrüchten – Kichererbsen, Bohnen, Linsen etc. greift -, füllt seine Eiweißspeicher. Für diesen ist pflanzliche Kost übrigens sogar hilfreich, denn pflanzliches Protein kann von unserem Körper besser aufgenommen und in den Stoffwechsel überführt werden. Zur Kalziumversorgung hingegen isst man Mandeln oder grüne Gemüsesorten wie Brokkoli, Grünkohl oder Rucola. Einem Mangel an den wichtigen Vitaminen D und B12 kann man durch Nahrungsergänzungsmittel vorbeugen.

Gerade sich pflanzlich ernährende Frauen sollten darüber hinaus auf die richtige Versorgung mit Eisen achten: Nüsse, Samen sowie Hülsenfrüchte liefern dieses Element und enthalten außerdem einiges an Zink. Und gute Fette wie Omega-3-Fettsäuren und Omega-6-Fettsäuren, die in Fisch stecken, können Veganer mit pflanzlichen Ölen wie Rapsöl aufnehmen.

Rundum vegan leben

Wer vegan leben jetzt aber auf pflanzliche Ernährungsweise reduziert, irrt: Zum modernen Veganismus gehört mehr. Veganer von heute – in Deutschland immerhin rund 0,85 Millionen Menschen ab 14 Jahren (Quelle: Statista) – achten nicht nur darauf, was sie sich in den Mund stecken. Aus ethischen und moralischen Gründen lehnen sie die Haltung von Nutztieren genauso ab wie Zoobesuche oder Zirkusse, in denen Tiere zu Unterhaltungszwecken auftreten müssen. Außerdem achten sie bei allen Produkten des Alltags darauf, dass diese frei von tierischen Inhaltsstoffen sind, nicht an Lebewesen getestet wurden – kurz, rundum tierfreundlich sind. Sie kaufen keine Reinigungs- oder Waschmittel, bei denen Tierversuche durchgeführt wurden; sie lassen Kosmetika mit Inhaltsstoffen wie Collagen oder Lanolin in den Regalen stehen; sie tragen keine Kleidungsstücke aus Seide, Leder oder Wolle, und sie verzichten auf nicht-vegane Energie, die aus fossilen Brennstoffen oder Biogas erzeugt wurde. Kurz: Vegan leben prägt den Alltag.

Kleidung ohne Tierleid

Kleidung aus nicht tierischen Substanzen zu finden, ist in vielen Bereichen noch immer eine große Herausforderung: Zwar verzichten immer mehr faire Modelabels auf Wolle oder Seide; und Sportkleidung besteht meist komplett aus pflanzlichen oder synthetischen Materialien. Gerade Letztere sind aber mit Vorsicht zu genießen. Denn bei der Herstellung synthetischer Stoffe ist viel Chemie im Spiel, die wiederum der Umwelt und in weiterer Folge den Lebewesen darin schadet. Besser ist es, auf pflanzliche Alternativen zu setzen.
Das gilt auch für die Fußbekleidung: Lange war es ein Ding der Unmöglichkeit, modische Schuhe zu finden, die nicht aus Leder waren. Wie gut, dass es inzwischen veganes Leder aus Kork, Pilz oder Ananas gibt und Anbieter seit Neuestem auch mit Schuhen aus Algen für Aufmerksamkeit sorgen.

Vegane Kosmetik

Tierische Bestandteile lassen sich auch in Kosmetik- und Reinigungsprodukten finden. So werden üblicherweise für die Produktion von Shampoo, Zahnpasta oder Spülmittel tierische Produkte verwendet. Außerdem wird ihre Verträglichkeit meist an Tieren getestet. Dass das dem veganen Leben widerspricht, versteht sich von selbst. Deshalb boomt in letzter Zeit tierleidfreie Kosmetika: Vom veganen Nagellack bis zu Shampoo.

Vegane Energie

Was soll am Strom aus der Steckdose nicht-vegan sein? Die Frage ist berechtigt, doch leider wird Energie oft auf Kosten von Tieren erzeugt: So wird Strom derzeit noch immer über Atomkraft produziert, die erwiesenermaßen unsere Umwelt, aber auch Lebewesen schädigt. Leider ist auch die Alternative, nämlich die Energiegewinnung über Kohlenkraft, nicht viel besser für Tiere: Beim Abbau der Braunkohle wird nämlich großflächig deren Lebensraum zerstört. Wind- und Wasserkraftanlagen sind zwar umweltfreundlich, können für Tiere jedoch eine Gefahr darstellen. Nur Solarstrom ist sowohl fürs Klima wie auch Lebewesen unbedenklich: Photovoltaikanlagen schränken weder den Lebensraum von Tieren ein, noch stellen sie eine Gefahr für sie dar. Aus dem Grund empfehlen Experten, vor allem Stromanbieter wie vegawatt zu setzen. Hier stammt der Strom zu 100% aus der Sonne und ist dementsprechend völlig vegan.

Noch schwieriger gestaltet sich die Energiefrage in Sachen Gas: Die meisten Anbieter liefern fossiles Erdgas, das aus umliegenden Ländern stammt und nach Deutschland transportiert wird. Dessen Verbrennung ist nicht nur klimaschädlich, die Pipelines zerstören vor Ort außerdem Lebensraum für Flora und Fauna. Wer jetzt denkt, „klimaneutrales“ Erdgas sei besser, der unterliegt einer – bewussten – Täuschung: Hier fördert man zum Beispiel Umweltschutzprojekte und „erkauft“ sich sozusagen eine CO2-Neutralität. Auf dem Papier zumindest, denn das Erdgas ist und bleibt Erdgas. Biogas ist leider ebenso wenig eine zufriedenstellende Alternative: Es entsteht durch Vergärung von Biomasse, bei der nicht nur pflanzliche Abfälle, sondern auch tierische Restprodukte und Gülle aus der Massentierhaltung verwendet werden. Eine spannende Lösung für dieses Dilemma hat die Marke vegawatt gefunden: Es nutzt 100% reine Zuckerrübenschnitzel für die Gasproduktion und kann somit bei seiner ganzen Energiepalette zu Fug und Recht von sich behaupten, nachhaltig und 100% vegane Produkte anzubieten.

100 % ohne tierische Erzeugnisse gibt’s nicht?

Wer vegan leben möchte, der hat es oft nicht leicht. Diverse Produkte, von denen man es nicht vermuten würde, werden auf Kosten von Tieren hergestellt oder enthalten Stoffe, die nicht-vegan sind. Wer sichergehen möchte, kann sich zum Beispiel via Apps Hilfe holen: So gibt es diverse Apps, die vegane Restaurants in der Nähe orten können und vegan leben helfen. 100 % vegan leben wird dennoch niemandem gelingen, weil in unserer Welt überall Stoffe tierischen Ursprunges verborgen sind – vom Straßenbelag bis zu öffentlichen Verkehrsmitteln. So gut wie möglich vegan leben kann und sollte man aber in jedem Fall versuchen: Durch bewussten Konsum veganer Produkte, aber auch durch gesellschaftliches Engagement kann man den veganen Lebenswandel fördern. Und damit nicht nur die Umwelt schützen, sondern vor allem Lebewesen retten: 150 Tiere pro Jahr nämlich. Das ist die Menge, die laut Albert-Schweitzer-Stiftung jeder Deutsche durchschnittlich Pro-Kopf konsumiert. Worauf warten Sie noch? Vegan leben ist die Zukunft.

Foto: Homepage https://vegawatt.de/